Das Problem
Ich knüpfe hier an das Szenario aus dem vorherigen Beitrag an und will das Pull-Prinzip mal aus einem anderen Blickwinkel beleuchten. Du beginnst also 200 Behandlungen pro Jahr, im dritten Jahr sind es konstant 600 Behandlungen, da Du genauso viele Behandlungen abschließt, wie Du beginnst. Nur stellst Du fest, dass die Zeit einfach nicht zu reichen scheint. Du hattest Dich entschieden, mit drei Assistentinnen in drei Behandlungszimmern zu arbeiten. An drei Nachmittagen pro Woche mit 4,5 Stunden siehst Du Deine PatientInnen alle vier Wochen zu Kontrollen. Aber die Terminzeiten werden immer kürzer, Dein Team muss andauernd Überstunden leisten und Ihr seht auch regelmäßig mehr als 50 Patienten.
Denkfehler: Die Praxis läuft gut
Die meisten Kursteilnehmer, mit denen ich das bespreche, sagen dann: „Ach wir haben bestimmt mehr als 200 Behandlungen begonnen, aber das ist doch gut. Ich bin froh, dass die Praxis so gut läuft! Mal sehen, vielleicht nehme ich einen Tag dazu, oder ich stelle noch jemanden ein.“ Aber genau diese Aussage weist auf die beiden häufigsten Fehler hin: Erstens, es wurde höchstwahrscheinlich nicht überprüft, wie tatsächlich ein erneuter Engpass zustande kam. Und zweitens wurden die falschen Schlussfolgerungen gezogen. Ich frage dann meistens: „Sind denn Deine Einnahmen auch entsprechend der längeren Arbeitszeit gestiegen?“
Ineffiziente Planung
Und meistens sind die Einnahmen gleichgeblieben, trotz der Mehrarbeit. Woran liegt das?“ In über 80 Prozent der Fälle sind es tatsächlich nicht die mehr angefangenen Behandlungen, sondern die ineffizienten Behandlungen, die länger dauern als geplant. Du meinst, das kann sich doch nicht so stark auswirken? Doch, leider schon. Du beginnst also weiter 200 Behandlungen pro Jahr wie geplant, führst nach drei Jahren 600 durch. Ab dann solltest Du nun ebenfalls jedes Jahr 200 Behandlungen abschließen. Leider schließt Du nur 100 der geplanten 200 ab. Die Gesamtbehandlungszahl steigt also um 100 auf 700. Jetzt hast Du eine konstante Anzahl von 700 (statt 600) Behandlungen pro Jahr, mit 700 (statt 600) Terminen pro Monat, 175 (statt 150) pro Woche und 58-59 Patienten pro Tag (bei Deiner Drei-Tage-Woche). Das ergibt drei PatientInnen pro Tag pro Behandlungszimmer mehr. Bei den geplanten 15 Minuten pro Patient sind das 45 Minuten Überstunden pro Tag!
Das Hauptproblem erkennen und lösen
Terminzeiten kürzen oder einen weiteren Tag Kieferorthopädie anbieten oder jemanden einstellen ̶ all das löst nicht das Hauptproblem! Die ineffiziente Arbeit muss optimiert werden. Du musst Deine Behandlungen pünktlich abschließen, die Planung muss verbessert werden!
Im folgenden Beitrag werde ich anhand eines praktischen Beispiels einmal zeigen, wie schnell etwas schiefgehen kann, und wie Lösungen gefunden werden.
In der nächsten Folge: Mit dem Pull-Prinzip Engpässe vermeiden, Teil 3